Alleinreise nach Tschechien – die moderne Mönchin auf Reisen
- lena.literatur
- vor 2 Tagen
- 8 Min. Lesezeit

Mit dem Mini-Camper durchs Bäderdreieck
Wissenswerte Hinweise zur Einreise nach Tschechien von Deutschland kommend
Grenzübertritt: Die Einreise nach Tschechien ist für EU-Bürger:innen ohne Visum möglich. Ein gültiger Personalausweis oder Reisepass genügt.
Mautpflicht (Vignette): Für das Fahren auf Autobahnen und Schnellstraßen ist eine elektronische Vignette erforderlich. Diese kann vorab online gekauft werden. Kostenpunkt: ca. 310 CZK (ca. 12,50 €) für 10 Tage. Ob die Bestellung geklappt hat, kann man mittels einer Kennzeichenabfrage prüfen.
Tempolimits: Innerorts 50 km/h, außerorts 90 km/h, auf Autobahnen 130 km/h. Anhänger oder Mini-Camper dürfen u. U. abweichende Geschwindigkeiten fahren.
Währung: In Tschechien gilt die Tschechische Krone (CZK). Viele touristische Einrichtungen akzeptieren Kartenzahlung. Wer mit Euro bezahlt, bekommt meist Wechselgeld in CZK zurück. Es empfiehlt es sich, etwas Bargeld (CZK) dabei zu haben. In einer Wechselstube war ich dafür nicht. Ich habe es automatisch bei der ersten Bezahlung in Euro erhalten. Das hatte mir gereicht.
Sprache: Tschechisch. In touristischen Regionen wird oft auch Englisch oder Deutsch verstanden – insbesondere in Hotels, Restaurants und an Sehenswürdigkeiten.
Campingplätze: Reservierungen sind empfehlenswert, besonders an Feiertagen. Aufgrund der Grenznähe zu Deutschland sind einige Plätze in Westböhmen – wie rund um Cheb (Eger) – auch bei Tagesgästen beliebt und entsprechend früh belegt.
Tag 1: Ankommen an einem wunderschönen Ort
Ein Platz, wie ich ihn mir erträumt habe
Mein Ziel: der Campingplatz See Václav (www.kempvaclav.cz/de).
Ein Ort mit weitem Blick über das Wasser, Ruhe und Struktur zugleich. Gleich bei der Ankunft werde ich herzlich empfangen. Besonders eine Dame an der Rezeption begegnet mir mit einem feinen Gespür für das, was man gerade braucht – ein Kümmern, ein Mitdenken, eine stille Verbundenheit. Es war genau diese Form von Aufmerksamkeit, die mich tief berührte. Solche kleinen menschlichen Gesten sind es, die mich oft tiefer bewegen als große Sehenswürdigkeiten.
Erste Reihe – und das eigene Selbstwertgefühl
Ich habe mir immer gewünscht, einmal in der ersten Reihe direkt am Wasser zu stehen. Und doch dachte ich insgeheim lange Zeit: Das ist etwas für andere. Nicht für mich. Auf Grund des Feiertags konnte ich keinen festen Platz reservieren und musste mich überraschen lassen. Und tatsächlich: Ich durfte am eigenen Leib erfahren, dass man immer das bekommt, was man sich selbst wert ist. Seit ich diesen Wert in mir ehre, schätze und anerkenne, widerfährt auch mir Gutes.
Denn die Reise beginnt mit einem für mich goldenen Moment: Ich erreiche den Campingplatz, mein Mini-Camper „Kleine Freiheit“ von Miniatouring rollt direkt an den See. Die Sonne bricht durch die Wolken, ein sanfter Wind streicht durchs Gras. Kein Mensch weit und breit in meiner Nähe. Ich stehe ganz allein in der ersten Reihe – direkt am Wasser. Es fühlt sich unwirklich an. Wie ein kleines Paradies, das sich für einen Moment öffnet. Ich brauche einen Moment, um mein Glück fassen zu können über dieses kleine Naturspektakel vor meinen Augen.
Baden, Beobachten, Begreifen
Fast jeden Tag bade ich im See. Es ist herrlich – erfrischend, belebend, still. Die ersten drei Tage genieße ich die Ruhe. Dann füllt sich der Platz durch den Feiertag schlagartig. Es wird trubelig, laut, bunt. Und ich merke: Das ist nicht die Art von Ruhe, die ich suche. Auf einem Campingplatz mit Badesee finde ich nicht die Stille, von der ich als Eremitin träume.
Und doch war es spannend zu beobachten, wie ich mitten in all dem Menschengewimmel ganz tief in mir ruhte. Wie ich mich fast unsichtbar fühlte. Es war das Miteinander in den Sanitäranlagen, das mich herausforderte – das gemeinsame Zähneputzen am Morgen und das Duschen, obwohl alles sehr sauber war. Ich weiß: Ich brauche das nicht. Ich sehne mich nach einem Ort mit wenig Menschen, viel Natur und möglichst keinem Getümmel.
Ein Kompromiss auf Zeit
Solange ich diese kleine Klause irgendwo im Grünen zwischen Miltenberg und Aschaffenburg noch nicht gefunden habe – solange ich keinen eigenen Garten besitze – ist diese Art des Reisens mein Kompromiss.
Ich sitze mit einem alkoholfreien Bier am Wasser, beobachte das Lichtspiel auf der Oberfläche und lasse die Gedanken schweifen. Ich bin angekommen – im Außen und im Innen zugleich. Eine Woche in einem Land, das mir fremd und doch vertraut erscheint. Solche Reisen, mit wenig Besitz, viel Natur und der Bereitschaft zur inneren Einkehr, sind der Kern meiner Bücher, besonders empfehle ich an dieser Stelle: Irgendwann hat angeklopft – über das Wagnis, Träume zu leben. Eine mehrwöchige Alleinreise im Teardrop-Camper und Hund kurz nach meinem Ausstieg, auf der Suche nach Stille, Klarheit und einem einfachen Leben.
Tag 2: Thermalquellen und Goethe in Karlsbad

Karlsbad, erste Station im Bäderdreieck. Mein Vater ist 1943 hier geboren worden. Goethe war dreizehn Mal hier, und ich verstehe, warum. Zwischen den heißen Quellen und der herrschaftlichen Architektur spürt man eine leise Melancholie, die einen umfängt, wenn man sich darauf einlässt.
Ich trinke aus meiner mitgebrachten Schnabeltasse: Bicarbonat-Sulfat-Chlorid-Natrium-Thermalwasser – heilend, salzig, warm. Manche Quellen erreichen über 60 Grad. Die Oblaten, die hier traditionell mit eben diesem Wasser gebacken werden, schmecken süß, luftig und erinnern mich sehr an meine Kindheit.
Trotz aller Schönheit wirkt vieles renovierungsbedürftig. Die Stadt ist auf den zweiten Blick ein riesengroßer Hotelkomplex für Kurgäste und Touristen. Doch an jeder Ecke wird restauriert. Karlsbad will wieder glänzen.
Tipps für Reisende in Karlsbad
Trinkkur: An den öffentlichen Quellen kostenlos – viele davon über 60 °C heiß. Eine eigene (Schnabel)Tasse mitbringen (oder vor Ort kaufen).
Karlsbader Oblaten: Frisch vor Ort erhältlich, auch als Geschenk gut geeignet. Achten auf traditionelle Bäckereien mit Siegel.
Parken: Am besten etwas außerhalb und dann zu Fuß oder mit Bus/Seilbahn in die Altstadt. Ich habe im Parkhaus in der Libušinastraße oberhalb von Karlsbad geparkt und bin in die Stadt gelaufen. Kostenloses WC und Aufsicht.
Tag 3: Franzensbad und die Illusion der Heilung
Nächste Station: Franzensbad. Eine Stadt wie ein Spa-Katalog. Alles wirkt durchkomponiert: gelb-weiße Fassaden, Kurparks, Anwendungen, Cafés, Maniküre, Pediküre, Casinos. Doch mich berührt das nicht. Franzensbad bleibt mir trotz der beeindruckenden Architektur etwas fremd, zu glatt, zu gewollt.
Ein paar Kilometer weiter: stille Dörfer, verlassene Höfe, verfallene Häuser. Die Spuren des Kommunismus sind noch immer sichtbar. Der Kontrast zwischen Kurwelt und Realität ist groß. Und dennoch lehrreich.
Tag 4: Familiengeschichte zwischen Vergissmeinnicht und Enteignung
„Pomněnka kvete, když srdce vzpomíná.“ – Das Vergissmeinnicht blüht, wenn das Herz sich erinnert.
Mein Vater wurde 1943 in Karlsbad geboren – unehelich. Meine Großmutter Elsa arbeitete als Haushälterin im Haus der Familie Dieterle. Später wurde mein Vater adoptiert, doch sie lebten stets gemeinsam unter einem Dach. Die Familie Dieterle besaß einst eine große Glasfabrik in Nové Sedlo. Krieg und Enteignung löschten alles aus.
Ich suche auf stillgelegten Friedhöfen nach Spuren – und finde tatsächlich das Grab von Werner Dieterle, dem Onkel meines Vaters, gestorben mit nur fünf Jahren. Daneben die Gräber der Großeltern – nur noch durch alte Familienfotos zu identifizieren. Vieles wurde geraubt: Bronzeplatten, Engelsfiguren, sogar Namen. Doch das, was geblieben ist, erzählt weiter. Ganz leise.

Was mich besonders berührt: die Natur, die sich all das langsam zurückerobert – in einem stillen, fast zärtlichen Erscheinen. Eine Blütenpracht aus Lupinen, Vergissmeinnicht, Akelei und schwarzer Teufelskralle. Wunderschön. Wenn ich einmal beerdigt werde, wünsche ich mir ebenfalls die Natur als Friedhofsgärtnerin. Mir scheint, sie hat ein gutes Auge – und ein feines Gespür für Schönheit.
Tag 5: Eine unerwartete Klosterbegegnung in Eger
Ich wollte eigentlich nur ein neues Ladekabel kaufen. Ohne große Erwartungen bin ich durch die Straßen von Eger geschlendert – und stand plötzlich vor einem alten Kloster.
Ein weißhaariger Mann öffnete die Tür, als ich zaghaft daran rüttelte. Sicher geschlossen, dachte ich. Doch er lächelte mich einladend an. Er sprach nur wenig Deutsch, ich kein Tschechisch, beide ein wenig Englisch – und doch verstanden wir uns. Es war ihm, so mein Eindruck, eine Freude, dass es mich freute.
Er zeigte mir den stillen Kreuzgang, den Paradiesgarten, ließ mich schauen, schweigen, verweilen. Ein ehemaliges Franziskanerkloster, gegründet um 1300.
Als ich gehen wollte, um seine Zeit nicht zu überstrapazieren, holte er wortlos einen imposanten Schlüssel hervor – und öffnete die Tür zur alten Klosterkirche.
Ein Ort voller Geschichte. Vieles fiel der Zeit und dem kommunistischen Umbruch zum Opfer – an den Wänden klaffen noch die Löcher, wo einst prunkvolle Kanzeln waren. Doch das, was geblieben ist, erzählt leise weiter.
Heute gehört das Kloster der Stadt Eger. Es wird so gut es geht erhalten – für Konzerte, für Hochzeiten.
Für mich war es ein weiterer stiller, magischer Moment auf dieser Reise.
Tag 6: Marienbad zwischen Elegie und Eleganz
Marienbad empfängt mich mit einer fast theatralischen Eleganz. Die Kolonnaden, die Fassaden, der Pomp der alten Zeit. Ich sehe Goethe und Ulrike 1823 vor mir, im Ohr die Marienbader Elegien: Er ist betagt, schmerzlich verliebt, nicht erhört. Bittersüße Sehnsucht vermengt sich mit dem Sichbeugen vor den Dingen, die nicht zu ändern sind.
All das liegt – wenn man schweigend durch die Kolonnade flaniert und vom mineralischen Wasser kostet – über dieser Stadt, in der Luft, zwischen den Arkaden.
Das Goethe-Museum ist klein, aber fein. Nur umgerechnet etwa zwei Euro Eintritt – dafür gibt es Briefe, Begegnungen, Erinnerungen. Ich mag diese Mischung aus Glanz und Vergänglichkeit.
Tipps für Reisende in Marienbad
Eintritt Goethe-Museum: ca. 50 CZK (etwa 2 €), bar oder mit Karte zahlbar. Texte auch auf Deutsch verfügbar.
Trinkkur: Kostenlos an öffentlichen Quellen. Eigene Porzellantasse mitbringen (gibt es aber auch überall zu kaufen).
Parken: Günstiger außerhalb der Kurzone (z. B. an der Třebízského-Straße), dort ist keine Kurtaxe fällig. Kurkarte nötig für zentrale Parkplätze.
Kolonnaden: Besonders schön am Morgen, wenn noch kaum Besucher da sind. Auch im Regen eindrucksvoll durch das Dach und das Spiel des Wassers.
Literaturfreunde: Nicht nur Goethe – auch Kafka, Freud, Nietzsche und Chopin waren in Marienbad. Vor Ort gibt es kleine Gedenktafeln und historische Rundgänge.
Tag 7: Torfmoor - Das Mofettenfeld im Naturreservat Soos
Der Abschluss meiner Reise führt mich ins Naturreservat Soos – ein Gebiet, das so anders ist als alles, was ich bisher gesehen habe. Hier steigen kohlendioxidhaltige Gase aus dem Erdinneren auf. Mofetten nennt man diese Erscheinungen. Sie entstehen dort, wo vulkanische Aktivität bis heute Spuren hinterlässt.
Das Gas ist schwerer als Luft und sammelt sich in kleinen Senken. Für Tiere kann das lebensgefährlich sein. Für uns Menschen ist es ungefährlich, solange man auf den Holzstegen bleibt. Es zischt, brodelt, gluckert – der Boden lebt. Alles wirkt wie eine Miniaturausgabe einer mondartigen Landschaft.
Nur wenige Tiere und Pflanzen kommen mit diesen extremen Bedingungen zurecht. Hier sollen sogar fleischfressende Pflanzen wachsen. Ich habe sie nicht gesehen, aber allein der Gedanke fasziniert.
Ich hatte auch hier wieder Glück auf meiner Alleinreise nach Tschechien: Kaum Menschen waren unterwegs. Eine Stunde lang durfte ich zwischen Himmel und Erde wandeln, begleitet von dem Staunen über das, was unter unseren Füßen verborgen liegt – Gas aus 40 Kilometern Tiefe.
Pflanzenbasierte Ernährung in Tschechien - böhmische Küche
Die böhmische Küche ist bekannt für ihre kräftigen, würzigen Aromen – mit viel Kümmel, Majoran, Knoblauch und deftigen Soßen. Typisch sind herzhafte Klassiker wie Schweinebraten mit Knödeln und Sauerkraut, Rindergulasch mit Paprika und Zwiebeln oder die berühmte Svíčková: eine Rinderlende in sahniger Wurzelgemüsesoße. Diese Gerichte sind meist fleischlastig – pflanzenbasiert wird es in traditionellen Restaurants eher selten.
Gleichzeitig liebt man in Böhmen das Süße: Germknödel, Buchteln, Powidl, Palatschinken oder Mehlspeisen mit Mohn und Quark gehören zum kulinarischen Erbe. Eine Küche zwischen Herzhaftem und Heimeligem – sättigend, traditionell und oft sehr üppig.
Da pflanzenbasierte Optionen kaum angeboten wurden, habe ich meist auf dem Campingplatz selbst gekocht. Statt klassischem Gulasch im Brotlaib gab es bei mir ein veganes Bohnen-Gulasch im knusprigen Brotleib, an einem anderen Tag Bratkartoffeln mit Hopfensprossen und buntem Gemüse oder einfach gebratene Champignons mit einem Knoblauch-Dip.
Alleinreise nach Tschechien im Mini-Wohnwagen
Ich war mit meinen Eltern nie campen – und werde wohl auch nie eine leidenschaftliche Camperin werden. Das kann ich nach all meinen Erfahrungen inzwischen mit Klarheit sagen. Und dennoch: Diese Art zu reisen bereichert mich auf ihre eigene Weise. Sie schenkt mir Perspektivwechsel, Stille, Beobachtungen, Momente der Ehrlichkeit mit mir selbst.

Was mir auf dieser Reise besonders gefehlt hat, waren meine Hunde. Und doch war es die richtige Entscheidung, sie dieses Mal nicht mitzunehmen. Ich konnte anders reisen – mit mehr Leichtigkeit, mit offenem Blick. Es war stiller, innerlicher, achtsamer.
PS: Der Campingplatz liegt für einen Kurztrip von 5-7 Tagen strategisch perfekt und war in der Nebensaison angenehm und auf jeden Fall bezahlbar.
Herzlichst
Lena